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ЛитМир: бестселлеры месяца
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Der Bus fährt in Stadtteil Sapadnyi. Überall stehen 16-stöckigen Gebäude aus weißem Backstein. Sie alle sehen gleich aus. Man muss guten Orientierungssinn haben, um sein Haus zu finden. Es ist eigentlich noch früh, aber total menschenleer. Alle retten sich in ihren Wohnungen mit eingeschaltetem Airconditioner. Das ist ihre Haltestelle „Uliza Dovatora“. Nina steigt aus. Sie muss noch was in Supermarkt kaufen. Es ist nicht besonders notwendig, aber drin ist kühl und sie kann sich erholen. Nina kauft Aprikosen und eine Flasche Wein. Sie wählt „Stremjannoe“. Dieser Wein wird am Donufern angebaut und Nina schätzt hiesige Weine sehr. Ja, Kuchen! Sie hofft, dass ein Glas Wein hilft ihr eine Entscheidung zu treffen.

Nina muss wieder in tödliche Hitze. Ihr scheint, als ob sie ein bekanntes Gesicht sah, ist sich doch nicht sicher. Sie grüßt jemanden, aber ohne Begrüßung. Es ist nicht von Bedeutung, weil ihre Bekannte Bescheid über ihre Kurzsichtigkeit wissen.

Nina kommt zu ihrem Haus. Sie wählt Geheimcode des Schlosses, öffnet schwere Stahltür und tritt in Treppenhaus ein. Alle Wohnungen haben zwei Türen, eine davon unbedingt aus Stahl. Es sieht so aus, als ob man sich in Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses befindet. Sie sagt immer zu seinem Mann - Wir leben wie im Knast und er antwortet immer - So können Diebe nicht eindringen. Genau so ist es in unserer Stadt und im ganzen Land. Danach schweigen sie beide.

Nina fährt mit dem Fahrstuhl bis auf neunten Stock hoch. Die Tür öffnet sich und sie sieht ihn. Jetzt erkennt sie ihn wieder. Sie hat ihn schon im Supermarkt gesehen. Er lächelt, macht einen Schritt auf ihr zu und gleichzeitig schneidet er ihre Kehle von links nach rechts, schnell, präzise und abstoßend elegant. Nina glotzt ihn an, versteht nichts und kippt langsam runter.

Nina ist tot, mausetot.

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Ich liebe Bier und habe es immer geliebt. Mein ganzes Leben lang. Na ja, eigentlich nicht ganzes Leben. Als ich Bier zum ersten Mal kostete, war ich ungefähr zwölf Jahre alt. Es schien mir widerlich bitter. Ich hatte keine Lust, es noch mal zu probieren.

Dann kam aber die Zeit der Uni. Sie können sich doch gut vorstellen, dass Existenz der Unistudenten ohne Bier absolut unmöglich ist. So gewöhnte ich langsam, Bier zu trinken. XXXXXX XXXXX XXXXX XXXX XX XX XXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXX XXXXXXXX XXXX XX.

Man liebt Bier in Russland, doch es ist keine reziproke Liebe. Bier liebt russische Menschen nicht und zeigt es durch seinen Geschmack. Man muss viel Mut haben, um russisches Bier zu trinken. Dazu noch viel Fantasie, um dieses Gesöff als Bier zu bezeichnen. Da war, ketzerisch gesagt, Hopfen und Malz verloren... Und noch was: man übte es, in Biergarten Bier mit Wasser zu verdünnen... Und noch was: gewöhnlicherweise besaßen russische Schenken keine Toiletten, und weil nach der Verdünnung beinhaltet Bier maximal 2 % Alkohol, trank man drei-vier Liter davon, um Endeffekt zu fühlen. Ich erzähle ihnen besser nicht, was dann passierte...

Wenn unsere Freunde aus Russland zu Besuch kommen, zwingen wir sie nur langsam an deutsches Bier zu gewöhnen. Man beginnt vorerst mit leichtem Lager von großen Bierproduzenten, wie Beck, Radeberger oder Warsteiner. Man trinkt Pilsener: Jever, Veltines, Bitburger. Demnächst folgen Festbiere und Kellerbiere. Danach testet man dunkles Bier und kommt zu Schwarzbier und Weizenbier. Jetzt ist Zeit für mittelständische Privatbrauereien, und zwar für Alt Jenaer und Jenaer Schellenbier von Papiermühle. Derart bekommt man 'ne Vorstellung, was die Wahre Liebe ist.

Wiederum, vor der Rückkehr nach Russland trinkt man tunlichst leichtes Lagerbier – die Augenzeugen haben vielmals bestätigt, dass man einen Schock dabei erlebt, wenn man russisches Bier wieder trinkt. Apropos, wir belehren unsere Gäste deutsches Bier fast warm zu trinken, weil man nur so volles Bukett richtig wahrnehmen kann.

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Vielleicht war es zu viel Makkaroni po-flotski oder Bier. So genau weiß ich es nicht, aber ich schlief schlecht. Alpträume kehrten immer wieder zurück, wie diese:

Wir führen Training-Gruppe. Alles geht wie gewöhnlich. Wir beginnen Training mit Blickkontakt. Ich versuche mit einem Mitglied der Gruppe Augenkontakt aufzunehmen, solange bis er mir in Augen schaut. Wenn Blickkontakt ist erstellt, wähle ich ein anderes Mitglied. Dann noch einen, bis ich mit allen Mitgliedern Blickkontakt habe. Wir sprechen kein einziges Wort aus. Am Ende herrscht totale Stille. Alle schauen uns zu und das Training beginnt. Ab diesen Moment kann man Gruppe führen, fast wohin man will. Es ist absolut nicht notwendig irgendwelche Repressalien zu benutzen, um Aufmerksamkeit der Gruppe zu gewinnen. Wenn es irgendjemand gibt, der den beginnenden Prozess Gruppenintegration zu stören versucht, den zwingt die Gruppe selbst Schritt zu halten. Eigentlich ist es zu schwer, dem Gruppendruck zu widerstehen, besonders wenn Gruppenstruktur noch nicht kristallisiert ist. Man muss einerseits sehr charismatisch sein, andererseits gleichzeitig mit dem Trainer um die Kontrolle über die Gruppe kämpfen. Es gibt nur wenige Leute, die so was wagen.

Aber das ist eine große Illusion, dass man Gruppe führen kann, wohin man will. Einige Psychologen gerieten manchmal in Versuchung, Gott zu spielen. Sie imaginieren, dass sie tatsächlich es können, eine Gruppe oder einen Menschen das tun zu befehlen, dass sie nicht wollen. Um ehrlich zu sein, muss man gestehen: wenn man als Psychologe fungiert und reflektiert, wie seine Worte auf Menschen wirken, fühlt man sich groß und mächtig. Man denkt, dass alles in seiner Macht steht. Nach einiger Zeit bemerkt man, dass man nur etwas beschleunigen oder verlangsamen kann. Wenn man bereit ist, etwas zu tun, dann geht es. Wenn nicht – Pech gehabt. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob man wach ist oder unter Hypnose steht. Hypnose ist ein veränderter Zustand des Bewusstseins. Hand aufs Herz, man muss sich selbst sagen, dass wir alle fast die ganze Zeit in diesem Zustand sind. Nur sehr selten haben wir volle Kontrolle über unser Bewusstsein.

In einer Gruppe befinden sich alle Mitglieder in einem veränderten Zustand des Bewusstseins, und lassen sich seht leicht beeinflussen. Deshalb bevorzugen fast alle moderne Psychotherapeuten mit Gruppen arbeiten. Die halbe Arbeit macht Gruppe selbst. Was macht ein Trainer oder ein Psychotherapeut? Erinnern Sie sich an Ambroise Paré, der mal sagte – Ich verbinde nur, heilt aber Herr Gott. Genau so geht es mit Psychologen. Sie müssen Patienten so beeinflussen, dass die Letzten die Auswege aus ihren komplizierten Problemen finden könnten, die sie schon seit langem wussten, wagten aber nicht, die Probleme zu lösen und die neuen Wege zu benutzen. So könnte ein Psychologe sagen – Ich erleichtere nur den Menschen ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

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Ich wache auf im Schweiß gebadet und denke – Warum soll das eigentlich ein Alptraum sein? Diese Arbeit als Trainer gefällt mir immer. Was ist denn passiert? Ich finde keine Antwort und schlafe wieder ein. Im Traum stelle ich Blickkontakt her. Erster, zweiter, dritter Mitglied unserer Trainingsgruppe. Dann kommt der Neunte. Alles geht gut, wie gewöhnlich. Jetzt ist das letzte, zehnte Mitglied, dran. Es gelingt mir, den Kontakt gleich herzustellen. Doch etwas stimmt nicht. Der Mann guckt mich aufmerksam an, aber seine Augen sind total leer. Absolut gedankenlos. Er ist völlig abgeschirmt, als ob er versucht es, mir zu widerstehen. Aber warum? Wir sagten zueinander noch nichts. Wir taten noch nichts. Warum solch eine Resistenz? Der Zehnte merkt, dass er zu viel meine Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt und weicht gleich aus. Alle sind bereit weiter zu arbeiten. Ungeachtet davon habe ich ein mulmiges Gefühl. Plötzlich fällt bei mir der Groschen – man versucht mit uns Spielchen zu spielen, und zwar bevor es einen einzigen Anlass dazu gäbe.

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