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Der kleine Muck sagte aus, dass er diesen Topf im Garten entdeckt hat.

Alle Anwesenden lachten laut über diese Entschuldigung. Der König rief aus:

«Wie, Elender! Du willst deinen König so dumm und schändlich belügen!«

Da befahl der König, den kleinen Muck in enge Ketten zu legen und in den Turm zu führen. Der Schatzmeister übergab das Gold und trug es in den Schatz. Aber unten in dem Topf lag ein Zettel, der sagte:

«Der Feind hat mein Land überschwemmt. Daher verberge ich hier einen Teil meiner Schätze. Wer es findet, den treffe der Fluch seines Königs, wenn er es nicht meinem Sohne ausliefert! König Sadi.«

Der kleine Muck stellte in seinem Kerker traurige Betrachtungen an. Er mochte das Geheimnis mit dem Stäbchen dem König nicht verraten. Seine Pantoffeln konnten ihm leider auch keine Hilfe bringen. Da war er in engen Ketten an die Mauer geschlossen. Er konnte sich nicht auf dem Absatz umdrehen. Aber es ist besser, ohne das Zauberstäbchen zu leben als mit ihm zu sterben. Er ließ den König um geheimes Gehör bitten. Dann entdeckte Muck ihm das Geheimnis. Der König glaubte das nicht. Aber der kleine Muck versprach eine Probe.

Der König hat einiges Gold in die Erde vergraben. In wenigen Augenblicken hat Muck es gefunden. Das Stäbchen schlug deutlich dreimal auf die Erde. Da merkte der König, dass ihn sein Schatzmeister betrogen hat. Zum kleinen Muck sprach der König:

«Es scheint mir, als ob du nicht allein dieses Geheimnis mit dem Stäbchen besitzest. Darum bleibst du in ewiger Gefangenschaft, wenn du nicht gestehst: warum bist du so schnell?«

Der kleine Muck bekannte, dass seine ganze Kunst in den Pantoffeln liege. Doch lehrte er den König nicht das Geheimnis von dem dreimaligen Umdrehen auf dem Absatz. Der König schlüpfte selbst in die Pantoffeln, um die Probe zu machen. Er jagte wie unsinnig im Garten umher. Oft wollte er anhalten, aber er wusste das nicht. Der kleine Muck ließ ihn laufen, bis er ohnmächtig niederfiel.

Der König war schrecklich über den kleinen Muck:

«Ich schenke dir Freiheit und Leben. Aber innerhalb zwölf Stunden musst du mein Land verlassen!«

Die Pantoffeln und das Stäbchen aber brachte er in seine Schatzkammer.

Der kleine Muck wanderte zum Land hinaus. Das Land war nicht groß, daher war er schon nach acht Stunden auf der Grenze.

Dann verließ er die gewöhnliche Straße, um die dichteste Einöde der Wälder aufzusuchen und dort nur sich zu leben. In einem dichten Walde traf er auf einen Platz. Ein klarer Bach, von großen Feigenbäumen umgeben, ein weicher Rasen luden ihn ein. Hier warf er sich nieder.

Köstliche reife Feigen hingen an dem Baume. Er stieg hinauf und aß. Dann ging er an den Bach. Aber wie groß war sein Schrecken, als ihm das Wasser seinen Kopf mit zwei gewaltigen Ohren und einer dicken, langen Nase zeigte! Er griff mit den Händen nach den Ohren, und sie waren, wirklich, über eine halbe Elle lang.

«Ich verdiene Eselsohren!«rief er aus.»Denn ich ein Esel bin.«

Er wanderte unter den Bäumen umher. Und noch einmal aß er die Feigen. Jetzt fühlte er, dass seine Ohren verschwunden waren. Er lief gleich an den Bach zurück. Und wirklich, es war so, seine Ohren hatten ihre vorige Gestalt. Seine lange, unförmliche Nase war nicht mehr. Jetzt merkte er aber, wie dies gekommen war. Von dem ersten Feigenbaum hatte er die lange Nase und Ohren bekommen. Der zweite hatte ihn geheilt.

Er pflückte daher von jedem Baum so viel, wie er tragen konnte. Er ging in das Land zurück. Dort ging er dann weiter auf die Stadt zu, die jener König bewohnte, und kam auch bald dort an.

Der kleine Muck setzte sich daher unter das Tor des Palastes. Der Küchenmeister fiel sein Blick auch auf Mucks Körbchen.

«Ah, ein seltener Bissen«, sagte er,»was willst du für den ganzen Korb?«

Der kleine Muck bestimmte einen mäßigen Preis. Der Küchenmeister übergab den Korb einem Sklaven und ging weiter.

Der König war über Tisch sehr glücklich. Der Küchenmeister aber sagte:

«Ende gut, alles gut.«

Dann brachte er die schönen, einladenden Feigen.

«Wie reif, wie appetitlich!«rief der König.»Küchenmeister, du bist ein ganzer Kerl! Du verdienst unsere ganz besondere Gnade!«

Dann teilte der König die Feigen an seiner Tafel aus. Jeder Prinz und jede Prinzessin bekam zwei, die Hofdamen und die Wesire eine. Die übrigen stellte er vor sich hin und begann sie zu verschlingen.

«Aber, lieber Gott, wie siehst du so wunderlich aus, Vater?«rief die Prinzessin Amarza.

Oh! Ungeheure Ohren hingen ihm am Kopf, eine lange Nase zog sich über sein Kinn herunter. Sie betrachteten sich selbst mit Staunen und Schrecken. Alle waren mit dem sonderbaren Kopfputz geschmeckt.

Man schickte sogleich nach allen Ärzten der Stadt. Sie kamen haufenweise. Sie verordneten Pillen und Mixturen. Aber die Ohren und die Nasen blieben. Man operierte einen der Prinzen. Aber die Ohren wuchsen nach.

Muck hat einen Anzug gekauft, der ihn als Gelehrten darstellen kann. Ein langer Bart aus Ziegenhaaren vollendete die Täuschung. Mit einem Säckchen voll Feigen wanderte er in den Palast des Königs. Er bot als fremder Arzt seine Hilfe an. Dann hat er den Prinzen geheilt.

Der König nahm ihn bei der Hand und führte ihn in sein Gemach. Dort schloss er eine Türe auf, die in die Schatzkammer führte.

«Hier sind meine Schätze«, sprach der König,»nimm was du willst, wenn du mich von diesem Übel befreist.«

Muck sah seine Pantoffeln und auch sein Stäbchen. Er schlüpfte eilends hinein. Dann ergriff er sein Stäbchen und riss seinen falschen Bart herab. Er zeigte dem erstaunten König das Gesicht seines Muck.

«Treuloser König«, sprach er,»nimm als Strafe die Missgestalt, die du trägst! Die Ohren werden dich täglich an den kleinen Muck erinnern.«

Dann drehte Muck sich schnell auf dem Absatz herum, und war er entflohen. Seitdem lebt der kleine Muck hier in großem Wohlstand, aber einsam. Er verachtet die Menschen. Er ist durch Erfahrung ein weiser Mann geworden, welcher deine Bewunderung verdient.

«So erzählte mir mein Vater. Ich erzählte meinen Kameraden die wunderbaren Schicksale des Kleinen. Wir schimpften ihn nicht mehr. Im Gegenteil, wir ehrten ihn.«

Der Zwerg Nase

Die Zeit Haruns Al-Raschid[38], des Beherrschers von Bagdad, Feen und Zauberer ist nicht gegangen. Noch heute gibt es Feen. Es ist nicht so lange her, dass ich die Genien sah.

In einer Stadt meines lieben Vaterlandes, Deutschlands, lebte vor vielen Jahren ein Schuster mit seiner Frau. Er saß an der Ecke der Straße und flickte Schuhe und Pantoffel. Seine Frau verkaufte Gemüse und Früchte. Sie pflanzte die Gemüse und Früchte in einem kleinen Gärtchen. Viele Leute kauften gerne bei ihr. Sie war reinlich und sauber gekleidet.

Sie hatten einen schönen Knaben. Er war zwölf Jahre alt. Aber war er ziemlich groß. Er saß gewöhnlich bei der Mutter auf dem Gemüsemarkt. Er half den Weibern oder Köchen. Er trug die Früchte nach Hause. Und selten kam er zurück ohne eine schöne Blume oder ein Stückchen Geld oder Kuchen. Die Herrschaften beschenkten ihn reichlich.

Eines Tages saß die Frau des Schusters auf dem Markte. Sie hatte vor sich einige Körbe mit Kohl und anderem Gemüse, Kräuter und Sämereien. Auch in einem kleineren Körbchen frühe Birnen, Äpfel und Aprikosen. Der kleine Jakob, so hieß der Knabe, saß neben ihr. Er rief mit die Waren aus[39]:

«Hierher, ihr Herren, seht, welch schöner Kohl, wie wohlriechend diese Kräuter! Frühe Birnen, ihr Frauen, frühe Äpfel und Aprikosen! Wer kauft?«

So rief der Knabe. Da kam ein altes Weib über den Markt her. Sie sah etwas zerrissen und zerlumpt aus. Sie hatte ein kleines, spitziges Gesicht. Sie hatte rote Augen und eine spitzige, gebogene Nase. Sie ging an einem langen Stock, und doch konnte man nicht sagen, wie sie ging. Sie hinkte, rutschte und wankte.

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38

die Zeit Haruns Al-Raschid – времена Гаруна аль-Рашида

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39

rief mit die Waren aus – зазывал покупателей

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